Diakonisches Praktikum – eine kurze Geschichte – eine Kurzgeschichte
Die Tür geht automatisch auf. Fast einladend. Mit jedem Schritt wirkt die Kälte etwas ferner,
die Wärme etwas näher. Es gibt keine Rezeption, keine zweifelnden Blicke, nur Wärme.
Ich erreiche einen breiten Gang; als ich den Menschen entgegenlaufe, erwidern sie mein
Lächeln, fragen, ob sie mir weiterhelfen können. Während ich erkläre, warum ich hier bin,
sehe ich, wie sie gelegentlich nicken, Verständnis in ihren Augen. Sie weisen auf einen
Raum: Montage 3.
Als ich ihn betrete, wandert mein Blick zu den Tischen. Zu den Leuten. Sie
arbeiten. Inmitten des Lärms erkenne ich eine junge Stimme. Ohne viel Mühe sehe ich, wem
die Stimme gehört: einem kleinen Jungen. Vor ihm liegen weiße Teile auf dem Tisch, sein
Gesicht verzogen. Es dauert einige Minuten, bis er sich wieder rührt. Mit gezielten
Bewegungen baut er alles zusammen und wirft es in eine große Kiste voller ähnlicher Teile.
Kühlschrank- und Waffenteile. Töpfe. All das wird hier fabriziert.
Fertig mit seiner Aufgabe, steht der Junge auf. Er kommt auf mich zu, fragt, ob er mich
irgendwohin bringen kann. Ich nicke, dankbar für die Unterstützung. Während er mich die
Treppe hoch führt, erklärt er, dass er, wie andere Schüler, hier für eine Woche ein Praktikum
absolviere. Am Anfang sei er nervös gewesen, habe sich nicht getraut, über seinen
Schatten zu springen. Doch jetzt bereite es ihm große Freude. Durch den Umgang mit
behinderten Menschen habe er seinen Horizont erweitert, auch wenn die Kommunikation
manchmal ein bisschen schwerfalle.
Oben angekommen führt er mich in einen Raum. Licht strömt herein. Die Wände sind mit
Bildern bedeckt. Die Augen im Raum richten sich auf mich. Ich spreche eine Frau an, frage,
ob sie schon etwas mit den Schülern zu tun gehabt habe und wie sie das finde. Ihre Antwort
kommt prompt und entschlossen: Es sei ein Vergnügen gewesen, Wissen gegenseitig
auszutauschen und eine andere Perspektive zu gewinnen. Nur so können beide Seiten
profitieren. Fußgänger und Rollstuhlfahrer gleichermaßen.
Nach einigen Minuten endet das Gespräch und ich verlasse den Raum. Diesmal finde ich
die Treppe gleich und lasse sie mir den Weg nach unten zeigen.
Am Ausgang angekommen denke ich an den Jungen, an seine Freude. Vielleicht sieht er die Welt nun auch aus einem neuen Blickwinkel.