Berlinfahrt 2022 – Der Anfang vom Ende
Die alljährliche Berlinfahrt der Stufe 12 mag zwar Studienfahrt heißen, wird aber von den meisten immer nur Abschlussfahrt genannt. Denn wer nach Berlin fährt, ist offiziell am Ende seiner Schullaufbahn angelangt und damit bald weg vom (schulischen) Fenster.
Auch wenn die Hinfahrt am 10.10.2022 hauptsächlich von Vorfreude dominiert wurde, war das doch auch ein Nebengedanke. Spätestens jedoch, als wir in Berlin von den vielen Eindrücken erschlagen und von Straßenbahnen sowie Fahrrädern fast überfahren wurden, verlor dies schnell an Bedeutung. […“]
Nach dem Check-In im Jugendgästehaus Hauptbahnhof unternahmen wir gemeinsam einen kleinen Stadtspaziergang, damit wir zumindest auf eigene Faust die Unterkunft wiederfinden würden. (Das hat übrigens tatsächlich funktioniert, wir sind am Ende wieder vollzählig nach Hause gekommen.) Anschließend wurden wir selbstständig auf Erkundungstour geschickt, bei der sich einige bereits Sehenswürdigkeiten wie das Brandenburger Tor ansahen oder die lokalen Restaurants ausprobierten. Ersteres war ziemlich eindrucksvoll: In der Woche, die wir in Berlin verbrachten, fand das Festival of Lights statt, bei dem bekannte Gebäude kunstvoll beleuchtet wurden.
Am nächsten Morgen starteten wir trotz Müdigkeit vom Vorabend voller Enthusiasmus in den größeren Stadtspaziergang. Nicht einmal die Tatsache, dass bei jedem wesentlichen oder irgendwie nennenswerten Standpunkt eine Zweiergruppe einen Kurzvortrag mit zuvor ausgegebenen Karteikarten halten musste, dämpfte diese gute Laune. Bereits bei diesem Programmpunkt wurden wir regelmäßig auf die Geschichte Berlins und auch Deutschlands aufmerksam: Das Holocaust-Denkmal, die Humboldt-Universität, das Rote Rathaus, die Gedenkstätte „Mutter mit totem Sohn“ und noch vielem mehr. Aufgrund von Planungsschwierigkeiten hetzten wir anschließend, noch vor tatsächlichem Abschluss dieses Rundganges, zum Bundestag, um diesen von innen besichtigen zu können. Leider konnten wir nicht bei einer richtigen Sitzung zusehen, dafür erzählte uns aber eine Mitarbeiterin einiges über die Abläufe im Bundestag und im Plenarsaal. Danach wurde uns sogar eine Fragerunde mit Axel Müller, dem Abgeordneten des Landkreises Ravensburg, ermöglicht – insgesamt sehr spannende zweieinhalb Stunden! Das Mittagessen, das uns um 15:30 Uhr im Paul-Löbe-Haus spendiert wurde, beendet schließlich das Pflichtprogramm für diesen Tag. Die Auswahl der Aktivitäten am Abend blieb uns während der gesamten Woche frei überlassen: So gingen einige ins Theater, andere zum Stand-Up-Comedy, wieder andere zu Konzerten, Poetry-Slam-Wettbewerben, Eishockey-Spielen, … .
Der Mittwoch begann sehr eindrücklich mit der Topographie des Terrors, einer Ausstellung zum Nationalsozialismus und dessen Opfer, die ihrem Namen durchaus gerecht wird und uns auch zukünftig im Kopf bleiben wird.
Das jüdische Museum brachte uns anschließend die Geschichte dieser Religion außerhalb der NS-Zeit ein Stückchen näher. Im Nachhinein wäre diese Führung wahrscheinlich noch interessanter gewesen, hätten wir zu diesem Zeitpunkt noch über geistige und körperliche Energie verfügt.
Das wahrscheinlich bekannteste Wahrzeichen Berlins, die Berliner Mauer, stand am Donnerstag im Fokus. Insbesondere die East Side Gallery, ein Stück der Mauer, die um 1990 von den verschiedensten Menschen gestaltet wurde, war sehr beeindruckend: In diesen Werken spiegeln sich Gedanken und Gefühle nach dem Mauerfall wider. Nach diesem Abstecher in die Kunstgeschichte widmeten wir uns entweder dem Naturkundemuseum, dem Humboldt Forum oder einem anderen Museum unserer Wahl.
Nachdem einige von uns, ganz die sozialen Isnyer Bürger, am Freitagvormittag noch einen Geldbeutel seinem ursprünglichen Besitzer zurückgebracht hatten, stand ein Besuch im Bundesrat an. Im Gegensatz zum Besuch im Bundestag war dieser sogar ohne Sicherheitskontrollen und man fühlte sich nicht wie ein Schwerverbrecher. Eine kurze Führung und ein Rollenspiel, in dem wir eine typische Sitzung nachstellten, vermittelten uns Verständnis für die Position des Bundesrats.
Der wohl anstrengendste Teil des Tages war die nachfolgende „Stadtbilderklärung“ durch den Brenzlauer Berg – denn unser „Stadtbilderklärer“ identifiziert sich nicht als Führer und Guide ist ihm einfach zu neudeutsch. Vielleicht wäre die alternative Führung durch den Kreuzberg eine bessere Wahl gewesen, das lässt sich zumindest aus den Kommentaren der Teilnehmer*innen schließen.
Bevor es am Samstagnachmittag endgültig zurück nach Isny ging, besichtigten wir noch die Gedenkstätte Hohenschönhausen, eine ehemaliges Stasigefängnis. Der Zeitzeuge, der uns durch das Gebäude führte, ermöglichte es uns, seine ehemalige Situation viel mehr nachzuvollziehen und zu verstehen. An dieser Stelle vielen Dank für das Engagement, das hier aufgebracht wird, damit die Geschehnisse nicht in Vergessenheit geraten!
Vom Erlebten bedrückt und k.o. stiegen wir in den Bus Richtung Heimat und gute zehn Stunden später befanden wir uns nach einer anstrengenden Fahrt endlich wieder in Isny.
Berlin war wahrscheinlich die schönste Klassenfahrt, die wir je unternommen haben. Deshalb möchten wir allen, die an der Organisation beteiligt waren, herzlichst für ihren Einsatz danken!
Zwischen Geschichte, Kultur und Kunst haben wir extrem viele Eindrücke gesammelt und sind als Stufe sowie Freunde enger zusammengewachsen. Trotz des unfassbar vielen Herumlaufens und -Stehens hat es sich unfassbar gelohnt, und wäre es nicht unsere Abschlussfahrt gewesen, stände jede weitere Exkursion in ihrem Schatten!