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Zur Tablet-Regelung an unserer Schule

Stellungnahme zur aktuellen Tablet-Regelung von Eva-Maria Kempe (Schülerin):
Ich bin dieses Schuljahr in die 10. Klasse gekommen und hatte mich schon richtig darauf
gefreut, endlich im Unterricht mit dem Tablet arbeiten zu dürfen. In den Jahren davor habe
ich oft gesehen, wie die älteren Klassen ihre Aufgaben digital gemacht haben, sie konnten
direkt mitschreiben, schnell etwas nachschlagen und mussten keine schweren Ordner mehr
mit sich herumschleppen. Das finde ich sehr praktisch.
Umso enttäuschender war es, als wir zu Beginn des Schuljahres erfahren haben, dass die
Nutzung von Tablets im Unterricht ab sofort verboten ist. Die Begründung war, dass die
Geräte zu sehr ablenken würden. lch kann verstehen, dass es manchmal schwierig ist, den
Überblick zu behalten, was alle wirklich damit machen. Aber wenn wir ehrlich bleiben, gibt
es Ablenkung auch ohne Tablet. Wenn man nicht aufpassen will, findet man immer einen
Weg.
Viele von uns hätten das Tablet gern sinnvoll genutzt, zum Beispiel zum Mitschreiben, für
Präsentationen oder zum Arbeiten mit digitalen Schulbüchern.
Ein Kompromiss wäre doch gewesen, statt einem kompletten Verbot vielleicht klare Regeln
einzuführen, wann und wie man Tablets verwenden darf.
In fast allen Bereichen spielt digitale Technik inzwischen eine große Rolle, und gerade in der
Schule sollte man lernen, verantwortungsvoll damit umzugehen. Deswegen wäre es mein
Wunsch, dass wir nächstes Jahr in der Oberstufe dann damit arbeiten dürfen. Dann hätten
wir alle Materialien geordnet an einem Platz und könnten viel strukturierter arbeiten.

Stellungnahme dazu von unserem Schulleiter Herr Müller

Liebe Evamaria,
du hast eine Stellungnahme aus Sicht einer Schülerin aus Kl. 10 verfasst, wir würden deinen
Gedanken aus Sicht der Schulleitung unsere Argumente gegenüberstellen wollen. Manches
ist von uns sehr sachlich und fachlich gehalten, wir hoffen die Argumente sind verständlich
formuliert. Daher hier einige Gedanken, nicht priorisiert, eher sachlich in Reihe:
a) Die Nutzung ist nicht plötzlich „ab sofort“ verboten, sondern diese war für Klasse 10
bislang von der Schulordnung nie erlaubt. Einzelne Aufweichungen und diesbezügliche
Erfahrungen im Kollegium haben dazu geführt, dass sich das Kollegium nochmals auf die
Vorgehensweise verständigt hat, Tablets in den Klassen 5-10 nur in absoluten
Ausnahmefällen (wie z. B. körperlichen Beeinträchtigungen) und in den Klassen 11 und 12
nicht pauschal, sondern nur individuell zuzulassen. Die Kommunikation, dieses bislang schon
so praktizierten Vorgehens, erfolgte dann nochmals am Schuljahresanfang. Daher
möglicherweise der Eindruck dieser „neuen Regelung“.
b) Die Erfahrungen mit der Handy-Regelung, insbesondere auch in der Klassenstufe 10,
machen keine Hoffnung darauf, dass „klare Regeln“ bei einer Kompromiss-Lösung
flächendeckend tragfähig gewesen wären. Bereits jetzt zeigt sich, dass sich gerade die
Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 10 schwer tun, sich an die klaren Regeln, die
sogar eine Privilegierung gegenüber den Klassen 5-9 beinhalten, zu halten. Die Mehrheit der
Geräte, die aktuell von Lehrkräften im Schulalltag „eingezogen“ werden, sind aus Klasse 10 –
und das obwohl deren Schülerinnen und Schüler Bereiche haben, in denen sie die Geräte
schulisch nutzen dürfen.
c) Daher prägt der Eindruck das zentrale Argument: Die Ablenkung durch die Geräte, die
durch diese Mobile Devices bestehen, ist enorm, dadurch besteht die große
Herausforderung die nötige Disziplin aufzubringen. Das ist für eine erwachsene Person eine
große Herausforderung, um wieviel mehr für jemand aus Klasse 10 – da entlasten wir mit
dieser Entscheidung!
d) Digitale Schulbücher gibt es nur in ganz geringen Mengen. Sollte sich das ändern, ist das
eine neue Grundlage. Daher ist ein Tablet kein echter Gewinn, Ausnahmen sind
Schülerinnen und Schüler mit expliziten Wirbelsäulenproblemen.
e) Der Gewinn (Entlastung durch Reduktion der Materialien) wird durch einen gewissen
Mehraufwand (digitale Ordnung und Strukturen fallen nicht vom Himmel; nicht jedes Gerät
ist gleich tauglich) und haptische Defizite (beim Schreiben, beim Umgang mit dem Material)
aus unserer Sicht aufgehoben. Was aber klar ist: Die möglicherweise bestehende Schwäche
einer mangelhaften Bedienung und Archivierung wird durch ein Tablet deutlich mehr
verschleiert als durch ein (offensichtliches) „Blätterchaos“. Beides ist schlecht, mit Tablet
bleibt das völlig intransparent. Das möge man so für sinnvoll erachten, für uns als
Pädagogen ist das nicht sinnig.
f) Ein Tablet macht erst richtig Sinn, wenn alle (!) unsere Materialien digital bereitgestellt
und archiviert werden. Bis dahin ist noch ein Stück Weg…..
g) Die Schule soll zwar zum richtigen Umgang erziehen, steht aber vor der großen Aufgabe
die unselbstständigen und in vielen digitalen Prozessen noch nicht kompetenten Kinder mit
einem unfertigen System (keine gute Vorbereitung auf den Umgang, keine wirklich gute
Cloud, keine guten Werkzeuge) in eine digitale Welt zu führen, ohne dafür Mittel und Wege
zu haben. Daher macht es keinen Sinn gerade bei den Schülerinnen und Schülern mit dem
nächsten Schritt der Digitalisierung der Schule zu beginnen! Da gibt es im Schulalltag andere
Punkte, an denen die Schule und deren Leitung ansetzen muss.
h) Die Länder im Norden Europas haben früh auf eine konsequente Digitalisierung gesetzt –
und kehren alle (wieder)um! Das muss akzeptiert werden. Erst wenn wir einen echten
Mehrwert generieren können, sollten wir Tablets einsetzen.
i) Abschließend möglicherweise das zentrale und wichtigste Argument in dieser Diskussion:
Es muss vermieden werden, dass es einen tatsächlichen oder gefühlten sozialen oder
schulischen Druck gibt, dass Familien für Schülerinnen und Schüler sich privat eine teures
Gerät anschaffen, dessen Einsatzzweck als Arbeitsmittel höchst zweifelhaft ist – gerade vor
dem Hintergrund aktueller Diskussionen um Lernmittelfreiheit. Schulerfolg soll möglichst
wenig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern abhängen.
Auf dem Hintergrund dieser Argumente ist es aus Sicht der Leitung einer Schule aktuell sehr
konsequent, nur in begründeten Ausnahmefällen und für ganz besondere Anwendungen
Tablets einzusetzen. Dass für Schülerinnen und Schüler ein durchaus vorhandener Mehrwert
in gewissen Bereichen vorhanden zu sein scheint, ist nachvollziehbar. Eine Freigabe auf
Schulebene generiert aber, angesichts der doch gewichtigen Gegenargumente, weiterhin
nur einen geringen Mehrwert.
Jochen Müller